Sharaku

Ein unbekannter Sharaku?

Toyokuni Sharaku1957 wurde vom Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster ein Katalog herausgegeben, mit dem Titel “Sammlung Theodor Scheiwe Münster. Japanische Holzschnitte”. Es war der erste Katalog, der einen Einblick in die überragende Sammlung japanischer Holzschnitte des Holzunternehmers Theodor Scheiwe bot. Unter der wissenschaftlichen Bearbeitung durch Frau Dr. Rose Hempel nahm man das nebenstehende Blatt unter der fortlaufenden Nummer 105 wie folgt auf:: “Toshusai Sharaku. Schauspieler Otani Hiroji in Ganzfigur. Otani Hiroji III. (1746-1802) in der Rolle wohl des Nagoya Tosa Matabei, den grauen mit blau gefütterten Kimono geschürzt, mit weißem Untergewand und rotem Schurz. Kragen in gelb-rot. Er steht nach links gebeugt, die rechte Hand am Schwertgriff. Aus dem Theaterstück: Keisei Sambon Kasa. Aufgeführt am Miyakoza-Theater im 7. Monat 1794. Bez. Tôshûsai Sharaku gwa, zum Teil abgeschnitten. Marke des Verlages: Tsutaya Jûsaburô und Zensurstempel (Kiwame). Format: Beschnittenes Oban? 36:17,3 cm. Farbdruck. Dieses Blatt Sharaku’s ist bisher unbekannt und unveröffentlicht. Aus dem gleichen Theaterstück existieren zwei Blätter mit ähnlicher Darstellung Otani Hirojis. Einmal ein Doppelporträt der beiden Matabei, Hiroji und Ryûzô, und einmal je eine Einzeldarstellung in Hosoe-Format.”

Im Mai 2001 gelang mir der Ankauf dieses Blattes. Als ich mich näher Sharaku Signaturdamit beschäftigte, ergaben sich allerdings Zweifel an der damaligen Zuschreibung. Die Linienführung schien nicht zum Stil Sharakus zu passen. Eine Anfrage an Frau Dr. Rose Hemepel ergab, daß man die Signatur auf dem Holzschnitt in den 60´er Jahren für nachträglich aufgebracht hielt und das Blatt deshalb nicht mehr publizierte. Es verblieb allerdings bis zum Tode Theodor Scheiwes in seinem Besitz. Anfang der 90´er Jahre wurde das Blatt auf einer Auktion des Bonner Auktionshauses Bödiger angeboten. Ob es damals verkauft wurde, weiß man bei Bödiger nicht mehr. 2001 konnte ich diesen Holzschnitt schließlich auf einer Auktion eines anderen kleinen deutschen Auktionshauses erwerben. Mittlerweile steht fest: das Blatt stammt von Toyokuni aus seiner bedeutenden Serie “Yakusha butai no sugata-e” (Bildern von Schauspielern auf der Bühne), die 1795-96 erschien. Den Serientitel, der rechts oben neben der Figur stand hat man ebenso abgeschnitten, wie die Signatur und das Verlagszeichen, die sich links unten befanden. Stattdessen fügte man die gefälschte Sharaku-Signatur und die gefälschte Verlegermarke des Verlages Juzaburo hinzu. Bis auf leichte Knitterspuren und leichten Oberflächenschmutz befindet sich das Blatt in gutem Zustand. Die Farben sind noch gut erhalten, der Druck ist sauber und klar. Zu erwähnen ist noch der Mica-Hintergrund, der schwach zu erkennen ist. Rückseitig zeigt das Blatt ein rotes Siegel mit den Initialen TSN (Theodor Scheiwe Nachlass).

Ich biete diesen Holzschnitt zum Preis von 2500,00 Euro zum Verkauf an
Scheiwe_Siegel

 

 

Fortsetzung von Harold G. Henderson und Louis V. Ledoux "The surviving works of Sharaku"

von

Gordon Friese

Nachdem Fritz Rumpf 1932 sein bahnbrechendes Buch “Sharaku" veröffentlicht hatte, folgte bereits 1939 das Werkverzeichnis über Sharaku von Harold G. Henderson und Louis V. Ledoux. Es erschien ursprünglich unter dem Titel "The surviving works of Sharaku" und wurde 1984 unter dem Titel "SHARAKU’S JAPANESE THEATER PRINTS. AN ILLUSTRATED GUIDE TO HIS COMPLETE WORK" nachgedruckt. Diese Ausgabe, die für jedermann leicht erreichbar ist, habe ich benutzt, um Blätter von Sharaku, die in unterschiedlichen Publikationen zu finden sind, in dieses Werkverzeichnis einzureihen, bzw. dieses fortzuschreiben. Unter den Nummern des Werkverzeichnisses, die ich bei mir fett an den linken Rand gesetzt habe, führte ich eine Unternumerierung durch, die auf verschiedene Blätter des gleichen Motives hinweist. Die Nummer 1 der Unternumerierung ist den Blättern vorbehalten, die mit dem jeweils bei Henderson/Ledoux gezeigten identisch sind. Anhand dieses Systems lassen sich nicht nur leicht Vergleichsabbildungen auffinden, sondern wird auch die Seltenheit einzelner Motive deutlich. Die Nummern 8 und 21 des Werkverzeichnisses beispielsweise werden durch mich mit jeweils 13 verschiedenen Blättern nachgewiesen, während die Nr. 17 nur durch das schon bei Henderson/Ledoux gezeigte Blatt belegbar ist. Bei der Erstellung dieser Erweiterung des Werkverzeichnisses habe ich mich fast ausschließlich auf Bücher gestützt, die in meiner eigenen Bibliothek vorkommen. Jedes benutzte Exemplar habe ich selbst geprüft und verglichen. In einigen Fällen war es wegen der schlechten Abbildungsqualität schwierig, das einzelne Blatt zweifelsfrei zu identifizieren. So mag es in Einzelfällen geschehen sein, das ich einen Abzug irrtümlich mit einem anderen gleichsetzte. Die von mir angeführten Werke Sharakus, die nicht bei Henderson/Ledoux genannt wurden, also Nr. 147 ff, sind von mir aufgenommen worden, da sie Sharakus Signatur tragen. Ein Beweis für ihre Echtheit ist das nicht!

Noch etwas fiel mir bei meiner Arbeit an diesem Verzeichnis auf: mit welch unterschiedlichen Schauspieler- und Rollennamen dieselben dargestellten Personen oft belegt werden. Als Laie auf diesem Gebiet kann ich hier zu keiner Klärung beitragen, sondern stelle nur anhand der Beispiele die Uneinigkeit unter den Experten fest.

In Zukunft will ich hier weiteres Material einordnen, sofern es in meine Bibliothek Eingang findet. Als bedauerlichste Lücke empfinde ich zur Zeit das Fehlen des Kataloges von Huguette Bérès "Sharaku: portraits d’acteurs 1794-1795". Für Angebote hier fehlender Werke bin ich stets dankbar.

Zum Werkverzeichnis gelangen Sie, indem Sie das entsprechende Wort anklicken.

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